Mentalität im Sport – Bereite Dich mental auf Höchstleistungen vor

Laut Dr. Jeannine Ohlert, Sportpsychologin an der Sporthochschule Köln, erbringen nur etwa 30 % der Sportler:innen dieselben Höchstleistungen im Wettkampf, die sie wiederholt im Training erreichen. Ein Grund dafür: Der mentale Druck, den die Ausnahmesituation mit sich bringt.1 Geistige Stärke und mentales Training sind ausschlaggebend für Erfolgserlebnisse beim Sport, darüber sind sich sowohl Sportler:innen als auch Trainer:innen aus diversen Bereichen einig.2

Was genau ist mentales Training, warum ist es so wichtig für Höchstleistungen beim Sport und wie kann man mentale Stärke trainieren? Das und mehr zum Thema Mentalität und Sport erfährst Du in unserem Blogartikel.

Mentaltraining Sport – So funktioniert es

Sowohl Profis als auch Hobbysportler:innen kennen das Gefühl: Fühlt man sich geistig ausgelaugt und unmotiviert, dann bleibt in der Regel auch die Bestleistung aus – egal, wie topfit man körperlich ist. Doch auch wenn die mentale Stärke ausschlaggebend für den Erfolg ist, wird sie allzu oft vernachlässigt. Dabei werden seit Jahren Methoden und Strategien entwickelt, die die geistige Kraft trainieren, denn sie ist nicht nur angeboren, sondern kann wie alle anderen Fähigkeiten auch erlernt werden.3

Die Macht der Gewohnheit

Mentale Stärke beim Sport beginnt bereits damit, dass wir positive Abläufe konsequent durchziehen. Machen wir etwa regelmäßiges Training zur Gewohnheit und gewöhnen wir uns an, Einheiten wirklich nur ausfallen zu lassen, wenn wir krank oder verletzt sind, dann fällt es uns irgendwann immer leichter, die Laufschuhe anzuziehen oder die Sportmatte auszurollen.4

Doch die Gewohnheit ist nur der erste Schritt. Mentales Training umfasst laut moderner Definition alle Gedanken und Gefühle im Leistungssport und beinhaltet das Training von Motivation, Konzentration, mentaler Stärke sowie die mentale Vorbereitung auf Wettkämpfe.5

Das Verinnerlichen von Bewegungsabläufen

Ein traditioneller Bereich des Mentaltrainings befasst sich mit dem Beeinflussen unserer Bewegungen durch psychische Prozesse. Wir stellen uns gedanklich wieder und wieder die optimale erwünschte Bewegung vor, ohne sie jedoch bereits durchzuführen. So verinnerlichen wir den Ablauf und können ihn dann in der Realität effizienter und konzentrierter durchführen.6

Positives Denken

An sich selbst und den eigenen Erfolg zu glauben und sich immer wieder selbst zu bestärken, sind wichtige Schritte am Weg zum Erfolg. Ein Teil davon ist die Visualisierung des Erfolgserlebnisses7. Stellst Du Dir vor dem Rennen vor, wie Du in letzter Sekunde den oder die Erste:n überholst, dann kann Dich das motivieren und zu neuen Bestleistungen pushen.

Viele Mentaltrainer:innen empfehlen auch das innerliche oder laute Vorsagen positiver Mantras wie: “Ich kann das”, “Ich bin konzentriert”, “Ich werde gewinnen”. Wichtig ist dabei, dass man seine eigenen Fähigkeiten und Ziele kennt. Nur so kann realistisch eingeschätzt werden, was tatsächlich möglich und erreichbar ist.8

Anspannung und Entspannung

Sportpsychologin Jeannine Ohlert erklärt, dass auch das Verhältnis von An- und Entspannung ein wichtiger Faktor für den Erfolg ist. Befinden wir uns in einer Stresssituation, wie etwa bei einem Wettbewerb, so schütten wir Adrenalin aus. Und obwohl wir das Stresshormon beim Sport brauchen, kann zu viel davon auch schaden.

Sind wir zu angespannt, dann kann das zu Unkonzentriertheit und zu Fehlern führen. Daher ist es laut Ohlert wichtig, sich in der Stresssituation gezielt zu entspannen und die Adrenalinausschüttung zu kontrollieren. Dann gelingt es eher, Bewegungen konzentriert und bewusst auszuführen und Fehler zu vermeiden. Diese Fähigkeit kann man durch Atemübungen, Meditation und autogenes Training erlernen.9

Mit Rückschlägen umgehen

Durch Mentaltraining beim Sport lernt man auch, Rückschläge besser zu verkraften und aus ihnen zu lernen. Wichtig dafür ist die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Wenn Du Dir darüber bewusst bist, was beim letzten Wettbewerb oder in der letzten Trainingseinheit schiefgelaufen ist, dann kannst Du daraus lernen. Welchen Fehler hast Du gemacht und wie kannst Du diesen beim nächsten Rennen vermeiden? Oder welche unerwarteten Schwierigkeiten können auftreten, und wie gehst Du am besten mit ihnen um?10

Angst produktiv nutzen

Fast alle Sportler:innen bekommen es früher oder später mit Angst zu tun. Diese kann vor Verletzungen warnen, oder durch Stresssituationen wie Wettbewerbe ausgelöst werden. Die Angst führt oft zu Unsicherheit, zu Fehlern und zu Unterbrechungen in den Bewegungsabläufen. Thomas Schack, Professor für Sportpsychologie an der Universität Bielefeld, erklärt jedoch, dass diese Angst auch in etwas Positives umgewandelt werden kann. Sie kann durch mentales Training eine energetisierende und fokussierende Wirkung bekommen und zu besseren Ergebnissen führen.11

So nutzen die Sportprofis ihre mentale Stärke

All diese Strategien können nun dazu führen, dass Menschen das (beinahe) Unmögliche erreichen. Schließlich bezweifeln viele, dass es möglich sei, eine Meile in unter 4 Minuten zu laufen: Bis es Roger Bannister 1954 als erster Mensch geschafft hat. Seitdem bekannt ist, dass das Unmögliche also doch möglich ist, ist diese Leistung noch über 1000 anderen Athlet:innen gelungen.12

Viele Spitzensportler:innen haben ihre persönlichen Methoden entwickelt, um mit Stress umzugehen und ihren Geist zu fördern. Ehemaliger österreichischer Biathlet Julian Eberhard visualisierte während des Trainings entscheidende Situationen eines Wettkampfs, wie etwa den Zielsprint oder das letzte Schießen und fragte sich dabei innerlich, ob er bereit war, die Situation zu bewältigen.13

Alisa Buchinger, ehemalige Karate-Weltmeisterin, motiviert sich vor einem wichtigen Wettkampf mit Erinnerungen an ein Erfolgserlebnis aus einem ehemaligen Wettkampf und hört dabei motivierende Songs wie ‚And we danced‘ von Macklemore.14

Ein bemerkenswertes Beispiel der mentalen Stärke zeigt auch Langstrecken-Radsportler Christoph Strasser. 2011 gewann er als jüngster Teilnehmer aller Zeiten das Race Across America (RAAM). Hilfe hatte er dabei von seinem Mentaltrainer Tom Jaklitsch, der ihn in die 90-minütigen Schlafphasen hypnotisierte und immer nach jeweils einer Tiefschlafphase weckte.

Für Strasser ist mentales Training ein wichtiger Schritt zum Erfolg. Seiner Meinung nach musst Du beim Sport Ziele formulieren und auch wissen, warum Du diese Ziele erreichen willst und was sie Dir bringen. Vor dem Rennen bereitet sich der Extremsportler mental auf extreme Situationen wie sengende Hitze vor, damit ihn diese nicht überraschen und ihm nicht die Motivation rauben. Während des Rennens visualisiert er bereits seinen zukünftigen Erfolg. Er stellt sich lebhaft vor, als Erster im Ziel anzukommen und zu gewinnen.15

Einen eisernen Willen zeigt auch die Schweizer Biathletin Daniela Ryf. 2018 ließ sich die Spitzensportlerin auf Hawaii nicht einmal von dem Kontakt mit einer Qualle davon abhalten, den Ironman zu gewinnen.16

Mentales Training für Hobbysportler:innen

Doch mentale Stärke macht sich nicht nur in den Extremsituationen der Spitzensportler:innen bezahlt. Auch Normalsterbliche können durch sie ihren Willen stärken und ihre Ergebnisse dauerhaft verbessern.

Der erste Schritt ist, sich darüber bewusst zu werden, dass nicht nur die körperliche Stärke zählt, sondern auch die psychische. Mentaltrainer Patrick Thiele empfiehlt, das mentale Training bewusst in den Trainingsplan zu integrieren und so zu einem Bestandteil der Routine und zu einer Priorität im Alltag zu machen.

Dabei musst Du nicht täglich Stunden über Stunden meditieren. Es reicht schon, wenn Du Dir jeden Tag 10-15 Minuten Zeit nimmst, um Deinen Geist zu schulen. Suche Dir gezielt Hilfe bei Blogs, Social Media, Podcasts oder YouTube. Hier findest Du diverse Anleitungen, die Dich dabei unterstützen, Deine Ziele zu formulieren, Deine Konzentration zu verbessern, Dich gezielt zu beruhigen und fokussieren und Deine Angst positiv einzusetzen. Auch ein eigener Mentaltrainer kann Dir dabei helfen, Deine Mentalität im Sport zu verbessern.17

Das kontinuierliche Training macht sich auf alle Fälle bezahlt. Mit mehr mentaler Kraft schaffst Du es, Dich aus Deiner Komfortzone hinauszuwagen, in Extremsituationen einen eisernen Willen zu bewahren und dauerhaft Deine Leistungen zu verbessern.

Quellen

  1. Vgl. Remus, Daniela (2020): Sportpsychologie. So wichtig ist mentale Stärke. ARD Alpha: https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/sportpsychologie-psychologie-sport-mentales-training-motivation-100.html.
  2. Vgl. Thiele, Patrick (2020): Mentaltraining für Sport und Wettkampf – mit mentaler Stärke zu Spitzenleistungen. Trainingsworld: https://www.trainingsworld.com/training/mentaltraining/mentaltraining-fuer-sport-und-wettkampf-mit-mentaler-staerke-zu-spitzenleistungen.
  3. Vgl. Schorsch: Mentale Stärke im Sport – Leistungssteigerung mit Mentaltraining. Mission Triathlon: https://mission-triathlon.de/mentale-staerke-im-sport-leistungssteigerung-durch-mentaltraining/.
  4. Vgl. Schorsch.
  5. Vgl. Mentales Training im Sport. Nerven aus Stahl mit Tipps von Mentaltrainer Andreas Mamerow. Owayo:
    https://www.owayo.de/magazin/mentales-training-im-sport-de.htm
    .
  6. Vgl. Owayo.
  7. Vgl. Schorsch.
  8. Vgl. Owayo.
  9. Vgl. Remus (2020)
  10. Vgl. Schorsch
  11. Vgl. Remus (2020)
  12. Vgl. Schorsch
  13. Vgl. Baumgartner, Günter (2020): Mentale Tricks der Spitzensportler. Redbull:
    https://www.redbull.com/at-de/michael-strasser-mindset-spitzensportler.
  14. Vgl. Baumgartner (2020)
  15. Vgl. Owayo
  16. Vgl. Schorsch
  17. Vgl. Thiele (2020)

Baumgartner, Günter (2020): Mentale Tricks der Spitzensportler. Redbull: https://www.redbull.com/at-de/michael-strasser-mindset-spitzensportler.

Mentales Training im Sport. Nerven aus Stahl mit Tipps von Mentaltrainer Andreas Mamerow. Owayo: https://www.owayo.de/magazin/mentales-training-im-sport-de.htm.

Remus, Daniela (2020): Sportpsychologie. So wichtig ist mentale Stärke. ARD Alpha: https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/sportpsychologie-psychologie-sport-mentales-training-motivation-100.html

Schorsch: Mentale Stärke im Sport – Leistungssteigerung mit Mentaltraining. Mission Triathlon: https://mission-triathlon.de/mentale-staerke-im-sport-leistungssteigerung-durch-mentaltraining/

Thiele, Patrick (2020): Mentaltraining für Sport und Wettkampf – mit mentaler Stärke zu Spitzenleistungen. Trainingsworld:https://www.trainingsworld.com/training/mentaltraining/mentaltraining-fuer-sport-und-wettkampf-mit-mentaler-staerke-zu-spitzenleistungen