Maximale Glykolytische-/Laktatbildungsrate (VLamax)

Maximale Laktatbildungsrate? Was genau ist das eigentlich und steht es in einem Zusammenhang mit der Maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max)? 

Definition 

Unter der maximalen Laktatbildungsrate wird die Fähigkeit verstanden, durch eine maximale Verstoffwechselung von Kohlenhydraten im anaeroben Zustand (ohne Sauerstoffzufuhr), maximal viel Energie (ATP) zu erzeugen. Hierbei wird in kurzer Zeit (10 – 15 Sekunden) maximal viel Laktat gebildet, welches die maximale Laktatbildungsrate (VLamax) in Milliliter pro Liter pro Sekunde (ml/l/sek) wiedergibt. 
In unserem Blogartikel zu VO2max haben wir bereits erklärt, dass die VO2max die Menge an Sauerstoff darstellt, die unsere Muskulatur pro Minute aufnehmen kann. Daher ist diese Funktion besonders wichtig für unseren aeroben Energiestoffwechsel. 
Die VLamax repräsentiert wiederum die Funktion des anaeroben Stoffwechsels. Daher lässt sich sagen, dass sich VO2max und VLamax – die hier stellvertretend für beide Stoffwechselarten (aerob und anaerob) stehen – gegenseitig ergänzen.

Wie messe ich meine VLamax? 

Die VLamax muss mittels einer Leistungsdiagnostik ermittelt werden. Dazu gibt es verschiedene Testverfahren, wie beispielsweise den Wingate Anaerobic Test nach Inbar, Bar-Or und Skinner (1996) (3).
Hierbei geht es darum, eine maximale Pedalgeschwindigkeit (bei individuell eingestellter Bremskraft) zu erzeugen. Die maximale Leistung (“Peak Power”, PP) wird in der Regel nach circa 3 – 5 Sekunden erreicht. An dem Punkt, an dem die Leistung abfällt, muss der Körper auf das glykolytische System umsteigen (Heck & Schulz, 2002) (5).

Eine gute Diagnostik der Laktatbildungsrate ist nach Mader (1994) mit Hilfe der folgenden Formel möglich (4):

Legende:
dLa/dtmax (mmol · l-1 · s-1) = maximale Laktatbildungsrate (VLamax)
maxNBL (mmol · l-1) = maximales Nachbelastungslaktat 
RLa (mmol · l-1) = Ruhelaktat 
tbel (s) = Belastungszeit 
talak(s) = fiktive laktatfreie Zeit zu Beginn der Belastung
Normwerte
0,2 – 03 LangdistanzlerIn
0,4 – 0,6 
0,7 – 1,0 SprinterIn

Muskelfasertypen und ihr Einfluss auf die VO2max und VLamax

Wir verfügen über zwei verschiedene Muskelfasertypen. Es wird zwischen den langsamen und den schnell zuckenden Muskelfasern unterschieden. Die langsamen Muskelfasern (slow twitch fibers, ST) werden auch Typ 1 Fasern oder rote Muskelfasern genannt, während die schnell zuckenden Fasern (fast twitch fibers, FT) Typ 2, oder auch weiße Muskelfasern genannt werden. 
Die langsam zuckenden Muskelfasern sind aufgrund ihrer Eigenschaften (sehr viele Mitochondrien) gut für den aeroben Stoffwechsel und damit für die langen, ausdauernden Belastungen geeignet. Die schnell zuckenden Muskelfasern sind wiederum für den anaeroben Stoffwechsel befähigt, da sie sich sehr schnell zusammenziehen und schnell eine hohe Leistung erreichen können. Aufgrunddessen ermüden die Typ 2 Muskelfasern schneller als die Typ 1 Fasern. 
Die Typ 2 Fasern werden weiter unterteilt in die FTx und die FTa Fasern. Die FTx Fasern verfügen über deutlich mehr Myosin, was bedeutet, dass sie sich noch schneller zusammenziehen können als die FTa Fasern. Die FTa Fasern haben im Vergleich zu den FTx Fasern nochmal deutlich mehr Mitochondrien, was sie etwas ausdauernder macht (1).

Abb 1: Unterschiede in der Kontraktionskraft zwischen ST-, FTa- und FTx-Muskelfasern bei verschiedenen Prozentsätzen der maximalen Belastung (Dooz, Akhavan, Tahviliyan, 1979).

Es kristallisiert sich also heraus, dass die VLamax eine große Aussagekraft über die Arbeit der schnell zuckenden Muskelfasern hat. Je höher die VLamax, desto mehr Glykogen können die schnellen Muskelfasern verstoffwechseln und desto mehr Laktat wird gebildet. Ist die VLamax eher niedrig (<0,5 ml/l/sek) bedeutet das, dass die Typ 2 Fasern ausdauernder sind und weniger Kohlenhydrate in Energie umwandeln können. In der Studie “Training Fast Twitch Muscle Fibers: Why and How” von Maglischo (2015) (1) auf der Seite 6 – 9 bekommst du einen guten Überblick über die Eigenschaften der verschiedenen Muskelfasertypen.

Was genau bedeutet das jetzt für unser Training? 

Wie du bereits weißt ist es besonders wichtig für Ausdauersportler eine gut ausgebildete maximale Sauerstoffaufnahme zu haben, damit die Muskelzellen auch während einer lang andauernden Belastung mit genug Sauerstoff versorgt werden können. Aber wie steht es um die maximale Laktatbildungsrate? 
Die VLamax muss immer auf dein Wettkampfprofil angepasst werden und sollte bei einem Langdistanzler so klein wie möglich (0,2 – 0,4 ml/l/sek) und einem Sprinter deutlich höher (ca. 1 ml/l/sek) sein.
Es ist daher für die Langdistanzler so wichtig eine niedrige VLamax zu haben, da sie dann weniger Kohlenhydrate verbrauchen und mehr Energie über den aeroben Stoffwechsel erzeugen können. Für Athleten, die für eine schnelle und kurze Strecke trainieren, ist es wichtig schnell Leistung zu generieren und auf den glykolytischen (anaeroben) Stoffwechsel zurückgreifen zu können.

Wie trainiere ich meine maximale Laktatbildungsrate?  

Abhängig von deinem Anforderungsprofil ist es demnach wichtig deine VLamax niedrig oder hoch zu halten.
Bei den meisten Radrennen oder beispielsweise einem Triathlon ist es besonders ratsam eine möglichst niedrige VLamax zu haben, damit du deine Energie möglichst lange überwiegend aus dem aeroben Stoffwechsel ziehen kannst.
Es ist gut dokumentiert, dass Training die aerobe Kapazität der FTa Faser verbessert, sodass sie weniger schnell ermüden. Die Mitochondrien innerhalb der FTa Faser werden größer, zahlreicher und die Anzahl der sie umgebenden Kapillaren nimmt zu (7). Zusätzlich wird durch das Training die Laktat Pufferkapazität der FTa Faser erhöht, was dazu beiträgt eine bestimmte Leistung länger aufrecht erhalten zu können (1). Diese Anpassung hat zur Folge, dass die Typ 2 Faser sich weniger schnell zusammenziehen können und weniger schnell eine hohe Leistung erbringen können. In der Studie von Andersen et al. (2005) ist zusätzlich eine Steigerung der FTa und eine Senkung der FTx Muskelfaseranteile verzeichnet worden (2). 

Zum Abschluss drei praktische Tipps, wie du deine Typ 2 Muskelfaser ausdauernder trainieren kannst:

  1. Kraftausdauer Intervalle am Berg 
    Jeder kennt die klassischen Kraftausdauer Intervalle am Berg. 
    Hiebei kräftigst du nicht deine Muskulatur, sondern du trainierst deine schnell zuckenden Muskelfasern daraufhin, ausdauernder zu werden.
    Während den Kraftausdauer Intervallen, trittst du eine geringere Trittfrequenz, sodass du mehr Kraft aufwenden musst, um die gleiche Leistung zu treten. Hierbei werden mehr Typ 2 Muskelfasern rekrutiert, die dabei “lernen” für eine längere Zeit gegen einen hohen Widerstand arbeiten.
  1. Low-Carb Training
    Eine weitere Möglichkeit ist es Low Carb zu trainieren. Hierbei gibst du deiner Muskulatur insbesondere den Typ2 Fasern genau das nicht, was sie eigentlich zum Arbeiten brauchen. Indem du ihnen den Treibstoff entziehst, zwingst du sie anders zu arbeiten.
  1. Krafttraining
    Vermeide das Hypertrophietraining im Krafttraining.
    Wir hoffen ihr konntet in dem Artikel etwas mitnehmen! Lasst uns wissen welche Themen euch noch interessieren – vielleicht findet ihr dazu dann bald darauf schon etwas auf unserem Blog. 😉

Quellen:

1 Maglischo, E. W. (2015). Training Fast Twitch Muscle Fibers: Why and How. Res. Gate, 19, 1-30.

2 Andersen, L.L., J.L. Andersen, S.P. Magnussen, C. Suetta, J.L. Madsen, L.R. Christensen, and P. Asgaard. (2005). Changes in human muscle force-velocity relationship in response to resistance training and subsequent detraining. Journal of Applied Physiology, 99: 87-94.

3 Inbar, O, Bar-Or, O & Skinner, J.S. (1996). The Wingate Anaerobic Test. Human Kinetics, Champaign.

4 Mader,  A. (1994). Energiestoffwechselregulation, Erweiterungen des theoretischen Konzepts und seiner Begründungen – Nachweis der praktischen Nützlichkeit der Simulation des Energiestoffwechsels. In: Mader A, Allmer H: Computersimulation. Möglichkeiten zur Theoriebildung und Ergebnis- interpretation. Brennpunkte der Sportwissenschaft 8: 124-162.

5 Heck, H., & Schulz, H. (2002). Methoden der anaeroben Leistungsdiagnostik. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 53(7), 8.

6 Wahl, P., Schütt, S., & Volmary, P. (2016). Power Profiling als leistungsdiagnostisches Tool im Radsport—Identifizierung leistungsrelevanter physiologischer Zubringergrößen. BISp Jahrbuch Forschungsförderung, 17, 63-69.

7 Holloszy, J. (1967). Effects of exercise on mitochondrial oxygen uptake and Respiratory enzyme activity in skeletal muscle. The Journal of Biological Chemistry. 242(9): 2278-2282

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