Aerobe und anaerobe Schwelle

Definition 

Die aerob – anaerobe Schwelle oder auch Laktatschwelle beschreibt die höchstmögliche Belastungsintensität, die ein/e SportlerIn unter Aufrechterhaltung des Gleichgewichtszustandes zwischen Laktatbildung und dem Laktatabbau erbringen kann. Hierbei erreicht der Athlet/die Athletin das so genannte maximale Laktat-Steady-State (MLSS) (1, 2). 

In der Vergangenheit haben sich diverse Bezeichnung, sowie auch Messungen für den Übergang des aeroben zum anaeroben Energiestoffwechsel entwickelt. Die einfachste Übersicht stellt das drei Phasen Konzept nach Skinner und McLellan (4) dar:

  1. Aerobe Phase (Phase 1)
  2. Aerobe-Anaerobe Übergangsphase (Phase 2)
  3. Anaerobe Phase (Phase 3) 

Die Dreiphasigkeit der Energiebereitstellung

Die Dreiphasigkeit der Energiebereitstellung fasst die Veränderung der Messparameter der Sauerstoffaufnahme (VO2), Blutlaktatkonzentration (LA), Kohlendioxidabgabe (VCO2) und Ventilation (VE) zusammen und gliedert diese in die drei aufeinander aufbauenden Phasen:


Abbildung 1

Aus Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der Sauerstoffaufnahme (VO2) und der Belastung besteht. Die VO2 und auch die Herzfrequenz steigen, bis sie ihr jeweiliges Maximum erreicht haben. 

Das Laktat (LA) hat während der Belastung eine sehr markante Laktatleistungskurve. Es finden sich eindeutig zwei Umstellpunkte, die von Hofmann et al. (1997) als “Laktat Turn Point 1” (LTP1) und LTP2 beschrieben werden. Laut Definition ist der LTP1 der erste Anstieg des Laktats über den Ruhewert und der LTP2 entspricht dem MLSS (5).

Die Kohlendioxidabgabe (VCO2) steigt ab der Phase 2, da der Körper mehr Sauerstoff verstoffwechseln muss als zuvor. 

Auch die Atmung/Ventilation (VE) steigt von Phase zu Phase weiter an, um die Azidose, durch die Entstehung von H+ Ionen abzufangen. H+ Ionen sind neben dem Laktat das Abfallprodukt der Milchsäuregärung und ist die Ursache für einen niedrigen pH-Wert in der Muskulatur. Der gesamte Organismus ist nicht mehr in der Lage das anfallende Laktat aus der Arbeitsmuskulatur oxidativ zu verstoffwechseln (6).

In der untenstehenden Tabelle sehen wir anhand der Borg-Werte und der prozentualen Verteilung der maximalen Sauerstoffaufnahme sowie der maximalen Herzfrequenz, wie anstrengend die einzelnen Phasen sind. Phase 2 ist hier nochmals in den LTP1 und LTP2 aufgeteilt, da es einen Unterschied darstellt, ob man sich an der unteren oder oberen Grenze der Schwelle befindet.

Phase 1Phase 2Phase 3
LTP 1LTP2
Borg-SkalaSehr sehr leicht (1 – 3)Leicht (4 – 5)Moderat (6 -7)Schwer > 8
VO2max45 – 55%55 – 70%70 – 80%> 80%
HFmax6 – 70%70 – 80%80 – 90%>90%
Tabelle 1: Drei-Phasen Modell mit modifizierten Bereichsangaben (modifiziert nach Binder et al. 2008) (3)

Energiebereitstellung in den drei Phasen

Aerobe Energiebereitstellung 

Die aerobe Energiebereitstellung kommt bei langen Ausdauereinheiten, wie beispielsweise langsame Dauerläufe oder LIT-Einheiten auf dem Rad, zum Einsatz. In Einheiten, die sich durch einen geringen Kraftaufwand und eine hohe Wiederholungsfrequenz auszeichnen, werden die langsam zuckenden (ausdauernden) Muskelfasern beansprucht. Sie werden auch als Typ S (slow) -Faser bezeichnet. 

Bei der aeroben Energiebereitstellung hat der Körper genug Sauerstoff zur Verfügung um aus Fetten und Kohlenhydraten Adenosintriphosphat (ATP) zu gewinnen. ATP stellt die Grundlage des Stoffwechsels dar und ist somit elementar für die Muskelkontraktion. Durch die Verstoffwechslung von ATP wird Energie frei und der Muskel kann seine mechanische Arbeit durchführen. 

ATP → ADP + P (+ Energie)

Mit Hilfe von Kreatinphosphat ist es dem Körper möglich das entstandene ADP erneut in energiereiches ATP umzuwandeln und somit für genug Energie im aeroben Bereich bereitzustellen. 

ADP + Kreatinphosphat ↔ ATP + Kreatin

Auch unter der aeroben Energiebereitstellung entsteht bereits Laktat. Es kommt hier allerdings noch nicht zu einem Laktatanstieg, da es vom Körper verstoffwechselt werden kann.

Aerobe-Anaerobe Energiebereitstellung

Der aerob-anaerobe Übergangsbereich (Phase 2) stellt die ineinander überlappenden energieliefernden Prozesse dar.
In dieser Phase wird von dem Körper eine höhere Leistung abverlangt, welche nicht nur durch die aeroben Energiebereitstellung gedeckt werden kann. Es kommt zu einem Laktatanstieg im Blut, was darauf hindeutet, dass mit der zunehmenden aeroben Glykolyse auch die anaerobe Glykolyse zunimmt. Die Glykolyse beschreibt den biochemischen Prozess des Abbaus von Glukose zu Pyruvat. 

Darüber hinaus ist zu erkennen, dass der respiratorische Quotient (RQ) steigt und sich bei steigender Belastung dem Wert 1,0 nähert. Ist der RQ bei 1,0 bedeutet das, dass die Energie ausschließlich über die Kohlenhydrate gewonnen wird (7). Liegt der RQ-Wert zwischen 0,8 – 0,85 werden vermehrt Proteine und ab 0,7 Fette verstoffwechselt. 

Bei einer weiteren Erhöhung der Intensität erreicht die zunehmende Laktatproduktion trotz weiterer Steigerung der Elimination und Pufferung einen Punkt, an dem sich die Produktion und Pufferung gerade die Waage halten (maximale Laktat-Steady-State).

Anaerobe Energiebereitstellung 

Bei der anaeroben Energiebereitstellung wird die Glukose unter sauerstoffarmen Bedingungen zu Pyruvat verstoffwechselt um ATP zu gewinnen. Hierbei entsteht zusätzlich das Nebenprodukt NADH und H+ Ionen, welche letztendlich für die Übersäuerung der Muskulatur (niedriger pH-Wert) verantwortlich sind. Der abfallende pH-Wert ist letztendlich dafür verantwortlich, dass eine Leistung irgendwann abgebrochen werden muss.

Trainingssteuerung und Verbesserung der aerob – anaeroben Schwelle

Für eine sinnvolle Trainingssteuerung ist die genaue Bestimmung deiner Schwellenleistung unbedingt notwendig, da sich hiernach deine Intensitätsbereiche ausrichten. Deine aerob-anaerobe Schwelle lässt du bestenfalls in einer Leistungsdiagnostik unter Laborbedingungen analysieren. Andernfalls ist auch die Absolvierung eines FTP-Tests auf der Rolle möglich. Hierbei ist es wichtig, das genaue Testprotokoll zu beachten, damit ein Vergleich zu bereits bestehenden Tests möglich ist. 

Aus der Sicht der Trainingssteuerung hat der aerobe-anaerobe Übergangsbereich (Phase 2) eine besondere Bedeutung. In den Ausdauersportarten ist es meistens gewünscht die aerob – anaerobe Schwelle so weit es geht nach rechts zu verschieben. Jedoch ist das ganz abhängig von der jeweiligen Wettkampfdistanz. Eine Rechtsverschiebung der Laktatleistungskurve bedeutet, dass der Athlet/die Athletin dazu fähig ist eine relativ hohe und konstante Leistung so lange es geht aufrecht zu erhalten, ohne einen großen Laktatanstieg in der Muskulatur zu erfahren. Um dies zu erreichen, ist es wichtig die maximale Sauerstoffaufnahme zu steigern, sodass die arbeitende Muskulatur möglichst viel Sauerstoff zur Verfügung hat. Wie ihr die maximale Sauerstoffaufnahme trainiert, könnt ihr unseren Beitrag zur VO2max nachlesen. Unsere App verplant euch das Training aber auch an sinnvollen Stellen im Trainingsplan. Neben der Steigerung der VO2max ist wichtig den Gegenspieler der maximalen Laktatbildungsrate (VLamax) niedrig zu halten. Die VLamax beschreibt, wie viel Laktat dein Körper innerhalb einer Zeitspanne produzieren kann. Diese Menge an Laktat wird dann in mmol/l/s (Millimol pro Liter pro Sekunde) angegeben. Kurz gesagt, wird beim VLamax Training versucht die schnellen Muskelfaser (Typ F (fast) -Fasern) ökonomisch arbeiten zu lassen. Typische Trainingsvarianten sind hier Kraftausdauer-Intervalle am Berg, oder das klassische Schwellentraining.

Quellen:

  1. Binder, R. K., Wonisch, M., Corra, U., Cohan-Solal, A., Vanhees, L., Saner, H., Schmid, J. P. (2008). Methodical approach to the first and second lactate threshold in incremental cardiopulmonary exercise testing. European Journal of Cardiovascular Prevention and Rehabilitation. 15. 726-734
  2. Faude, O., Kindermann, W., Meyer, T. (2009). Lactate Threshold Concepts. Sports Medicine. 39(6), S. 469–490.
  3. Hofmann, P., Pokan, R., Von Duvillard S. P., Seibert, F. J., Zweiker, R., Schmid, P. (1997). Heart rate performance curve during incremental cycle ergometer exercise in healthy young male subjects. Med Sci Sports Exerc 29(6): 762–768.
  4. Kroidl, R., Schwarz, S., Lehnigk, B. (2015). Kursbuch Spiroergometrie. Thieme.
  5. Pokan, R., Hofmann, P., Wonisch, M., Smekal, G., Bachl, N., Mayr, W., Schmid, P. (2004). Leistungsdiagnostik und Trainingsherzfrequenzbestimmung in der kardiologischen Rehabilitation. Journal für Kardiologie 11(11): 446-452.
  6. Skinner, J. S., McLellan, T. H. (1980). The Transition from Aerobic to Anaerobic Metabolism. Research Quarterly for Exercise and Sport 51. 234-248.
  7. Zintl, F. (1990). Ausdauertraining. S. 64. BLV: München.

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